Das dritte Album der Tedeschi Trucks Band markiert für die vielköpfige Formation um den Gitarrenvirtuosen Derek Trucks und seine Ehefrau Susan Tedeschi in vielfacher Hinsicht einen Wendepunkt. Zum einen ist "Let Me Get By" das erste Album für das traditionsreiche Fantasy-Label das heute zur Concord Music Group gehört. Zum anderen ist ihr erstes Album seit Auflösung der Allman Brothers Band für die Derek Trucks der Neffe des Allman-Drummers Butch Truck über 15 Jahre Gitarre gespielt hatte. Nun steht die Tedeschi Trucks Band für die Trucks erstmals auch als Produzent fungierte völlig im Fokus des Kreativpaars. Das hört man dem inspirierten Album auch an das sich im Freiflug zwischen Soul Blues Gospel Rock Jazz und gar indischen Ragas in ungeahnte Höhen schwingt. Und auch musikalisch steht das neue Album der zwölfköpfigen Formation für sich auch wenn es die Traditionslinien der beiden vorangegangenen Studioplatten "Revelator" (2011) und "Made Up Mind" (2013) fortschreibt. Aber es erklimmt neue Höhen: der Stilmix ist noch eklektischer zugleich aber noch zwingender und homogener. Das liegt nicht zuletzt an dem neuen (Jazz)-Bassisten Tim Lefebvre der zuletzt auch auf David Bowie letztem Album "Blackstar" zu hören ist. Zusammen mit den beiden Drummern macht er das eh schon aufregende polyrythmische Rhythmusgefüge der Formation noch spannender. Egal ob Gospel-Chöre erklingen ein jazziges Flötensolo erklingt die Bläser für Southern Harmonies sorgen oder Derek Trucks zu einem seiner virtuosen Slide-Exkursionen abhebt die Band hat ihre eigene Identität und ist jederzeit sofort wiedererkennbar. Auch wenn die Tedeschi Trucks Band die Freiheitsliebe und den Mut zur völligen Offenheit der Allman Brothers Band geerbt hat so wäre es falsch in ihr lediglich eine Nachfolgeformation zu sehen. So ist die Tedeschi Trucks Band bei aller Liebe zur Improvisation eben keine Jamband sondern steht eher in der Tradition der großen Soul- und Gospel-Revuen die freilich von der individuellen Stärke ihrer Mitglieder lebt. So hat auch die umwerfende Susan Tedeschi als Sängerin noch mehr an Format gewonnen. Ihre Stimme steht in der Tradition der alten Soul-Künstlerinnen zugleich hat sie als Co-Bandleaderin aber auch die Größe anderen Ensemblemitgliedern den Vortritt am Gesangsmikrophon zu lassen. Das gilt auch für ihren neun Jahre jüngeren Ehemann der zu den wahrscheinlich seelenvollsten Gitarristen der Welt gehört aber sich völlig dem Ensemblespiel unterordnet. Sein außerordentliches und emotionales Gitarrenspiel steht immer im Dienste des Songs. Es ist nicht in den Vordergrund gemischt und ist doch ominpräsent: Die Gitarre von Derek Trucks ist Herz und Seele der Band. Und die Songs sind der eigentliche Star auf "Let Me Get By". Live ist die Band die bis zu 200 Shows pro Jahr spielt bekannt dafür viele Songs aus der Classic-Rock-Ära zu spielen (eine Liveversion von "Keep On Growing" von Derek And The Dominos findet sich auf der Bonusdisc der Deluxe Edition des aktuellen Albums) doch inzwischen haben die eigenen Stücke das Potenzial in dieser Ahnenlinie zu bestehen. "Let Me Get By" ist ein Album geworden das ganz in der klassischen Albumdefinition aufgeht: Es ist eine geschlossene Songsammlung bei der ein Track den anderen bedingt zugleich aber bietet es enorm facettenreiche Songs die in ihrer Verschiedenartigkeit sich wundervoll ergänzen. Dietmar Schwenger
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